Zu meinem runden Geburtstag vor einiger Zeit wünschte ich mir statt vieler Geschenke von meinen Freunden eine Geldspende. Damit habe ich mir einen lang gehegten Wunsch erfüllt: über die Baobab Foundation, eine Stiftung in Südafrika, finanziere ich das Pflanzen und die Pflege eines Baobabs. Damit der kleine Baum wachsen kann, kümmert sich Baobab Hüterin Evelina Tshitete um ihn. Sie nimmt am Baobab Guardian Programm der Stiftung teil und lebt in Mukovha wa Bale, einem kleinen Dorf in der Limpopo Provinz in Südafrika. Heute nun lerne ich Evelina bei meinem Besuch persönlich kennen. Für diesen Anlass hat sie sich extra fein gemacht und führt mich gleich zum Baobab.
Auf dem Weg gibt sie mir einen Einblick in ihre Lebensgeschichte. Im Dorf hier sei sie geboren und aufgewachsen. Ausbildung hat sie keine absolviert. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn das Konzept der dualen Ausbildung, wie wir sie in Deutschland kennen ist in dieser Gegend unbekannt und gute Jobs sind Mangelware. Früh hat sie ihren Mann geheiratet und ist zu ihm in ein 10 Kilometer entferntes Dorf gezogen. Im Lauf der Zeit hat sie drei Kindern das Leben geschenkt. Als ihr Mann starb, zog sie wieder in ihr Heimatdorf zurück. Hier wohnt sie in einem Haus mit Hausgarten.
Schnelles Wachstum ist angesagt
Dort hat sie den kleinen Setzling eingepflanzt. Damit der Baobab überleben kann, kümmert sich Evelina in den kommenden drei Jahren um ihn. „Mit dem Zaun sorge ich dafür, dass er vor hungrigen Ziegen, Rindern und Hühnern sicher ist“, erklärt sie mir. Tatsächlich, mitten im Gemüse thront er. Sein aktueller Nachbar ist ein Kürbis. Zur Zeit beeindruckt er mich noch nicht mit imposanter Größe, doch das wird sich eines Tages ändern.
Zunächst gilt es für den Baum, so schnell wie möglich an Höhe zuzulegen. In den ersten Jahren investiert er viel Energie in seinen Stamm. Da er noch nicht die Speicherkapazität ausgewachsener Baobabs hat, benötigt er für sein Höhenwachstum regelmäßig Wasser – dafür sorgt jetzt Evelina. „Als Baobab Hüterin ist es meine Aufgabe, den kleinen Baum regelmäßig zu gießen“ erzählt sie mir. Für das Auspflanzen des Setzlings in ihrem Garten und für seine Pflege bekomme sie eine gute Aufwandsentschädigung.
Jedes Jahr zur Regenzeit kommt Sarah Venter, die Gründerin der Baobab Foundation, vorbei und misst den kleinen Baum. Für jeden Zentimeter, den der Baobab gewachsen ist, bekommt Evelina eine festgelegte Summe. Sobald er mehr als drei Meter gewachsen sei, wäre er „aus dem Gröbsten heraus“ und stark genug, dass er ohne ihre Hilfe überlebe könne, ergänzt sie. Seine Chancen stehen gut. Froh sei sie, dass sie den Baobab gepflanzt habe, denn „der Baobab ist wichtig für mich – er hat große Bedeutung, weil er mir Einkünfte bringt.“
Verkauf von Baobab war die Rettung
Wir setzen uns auf eine Matte auf dem Boden im Schatten vor ihrem Haus. Evelina ist nicht nur eine Hüterin der Baobabs, sondern sammelt auch die Früchte der Bäume, wenn sie reif sind. Dann verkauft sie ihre Ernte an die Firma EcoProducts. „Früher trugen wir die vollen, schweren Säcke mit den Früchten kilometerweit auf dem Kopf bis zur Sammelstelle“, erinnert sie sich. Inzwischen gebe es einen Sammelpunkt ganz in der Nähe. Vor vielen Jahren fing sie mit dem Sammeln an. „Das ist so lange ist das her, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann“ sagt sie und lacht.
Dafür weiß sie noch genau, dass der Verkauf der Früchte ihre Rettung war: sie kaufte von dem Geld Maismehl für ihre Familie. Außerdem reichte es für den Kauf von Baumaterialien. 2006 begann sie mit dem Hausbau. Schön hat sie ihr Heim hergerichtet, liebevoll verputzt, die Umgebung sieht adrett und aufgeräumt aus. Stolz ist sie auf ihr Zuhause – auch wenn sie zur Zeit nur dieses eine Zimmer zur Verfügung hat. Hier lebt sie mit einem ihrer Kinder. Die beiden anderen leben bei der Großmutter, weil Evelina nicht genügend Platz für alle hat.
Das Geld ist knapp
Doch nach und nach will sie ihr Haus erweitern. „Sobald ich wieder etwas Geld übrig habe, kaufe ich davon Material und baue ein weiteres Zimmer“ sagt sie optimistisch. Dann hole sie ihre Familie zu sich. „Der Hausbau in Etappen ist hier so üblich – das machen die allermeisten so“ ergänzt sie.
Mit Gelegenheitsjobs und dem Geld, das sie vom Staat für ihre minderjährigen Kinder bezieht hält sie sich über Wasser. Regelmäßig verkauft sie Popcorn und Brot an die Schüler in der nahegelegenen Schule. Damit erwirtschaftet sie ihr Haupteinkommen. „Geld ist immer knapp – deshalb bin ich froh über das zusätzliche Einkommen, das ich durch den Verkauf der Baobab Früchte bekomme“ sagt Evelina. Langsam baue sie sich damit ein neues Leben auf.
Im kommenden Jahr entfällt für eines der Kinder von Evelina die staatliche Unterstützung. Das bedeutet weniger regelmäßiges Geld für den Haushalt. Doch Evelina lässt sich nicht entmutigen: „das Leben geht weiter und ich bin mir sicher, dass sich neue Möglichkeiten für mich auftun werden.“ Sie lebe in einer Gemeinschaft, in der man sich gegenseitig unterstützte.
Der Sparverein hilft
Den meisten im Dorf geht es ähnlich – auch sie leben von Gelegenheitsjobs. Besonders schwierig wird es für die Familien um die Weihnachtszeit, wenn die Kinder sich Geschenke wünschen und die Zeit der Familienfeiern beginnt. „Deshalb haben wir einen Sparverein gegründet“ sagt Evelina und fährt fort „jede Frau zahlt monatlich etwas Geld an eine andere Frau.“ Der Betrag werde in ein Buch eingetragen. Die Empfängerin verstecke die stetig wachsende Summe an einem sicheren Ort. Im Dezember sei Zahltag und alle Beteiligten erhielten ihr eingezahltes Geld wieder zurück. Gemeinsam fällt es den Frauen leichter, das Sparziel bis zum Jahresende zu erreichen.
Baobab schmeckt lecker
Abgesehen vom Geld, das Evelina aus den Verkäufen von Baobab Früchten und der Pflege des Setzlings erhält, hat sie eine weitere interessante Nutzung parat: „ich mische das Fruchtpulver mit Wasser und etwas Zucker. Das ergibt einen herrlich erfrischenden Fruchtsaft.“ Manchmal gibt sie etwas mehr Pulver in das Wasser – das ergebe eine Art Milch-freien, veganen Joghurt, den sie sehr schätzt. Außerdem verbrennt sie die harten Schalen der Früchte. Die Asche nutzt sie wie Backpulver in der Küche. Bis sie jedoch von ihrem kleinen Baobab im Hausgarten die ersten Früchte ernten kann, könnten Jahrzehnte vergehen. Üblicherweise tragen Baobabs im südlichen Afrika ihre ersten Früchte mit etwa 25 Jahren. In der Limpopo Provinz kommt es jedoch vor, dass sie erst mit 100 Jahren zum ersten mal Früchte tragen.
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