Schnell sinkt die glutrote Sonne dem Horizont entgegen. Zügig erklimmen wir die Stufen zu einer ganz besondere Erfahrung: Einem ‚Sundowner‘ auf Mmamagwa, einem außergewöhnlichen Ort in Mashatu im Tuli Block (Südosten) von Botswana. Hier verbringt unsere Gruppe den Abschluss unserer letzten gemeinsamen Aktivität im Trails Guide Kurse mit EcoTraining. Wir versammeln uns unter dem einzigen Baum auf dieser besonderen Felsformation: dem Rhodes Baobab. Die Aussicht ist atemberaubend, wir tauchen ein in die weite Landschaft, wo wir Dozent* Henry Parsons’ Baobab Geschichte lauschen.
Unser Naturführer hat die meiste Zeit seines Lebens mit verschiedenen Jobs im Busch verbracht und weiß viel über die Giganten. Gerade deshalb möchte ich unbedingt mehr über seine Erfahrungen mit Baobabs in Mashatu und generell erfahren. Er erzählt uns, der Baobab sei „einer der Bäume, die ich Liebe. Er ist ein wichtiger Teil der Landschaft in Mashatu.“
Während unserer Kurswochen haben wir gemeinsam die Umgebung erforscht und sind auf unseren Wanderungen an einigen besonderen Exemplaren vorbei gekommen. „Dieses Land wird ‚Land der Giganten‘ genannt, in dem Elefanten und Baobabs eine große Rolle spielen“, erläutert er. Zur Liste der Riesen in Mashatu gehören auch die beeindruckenden Mashatu Bäume und die wunderschöne Landschaft selbst. „Das sind die vier Giganten, die diesen Ort so schön machen“ ergänzt er.
Fünf Giganten in Mashatu
Aber seine Aufzählung endet hier noch nicht. „Es gibt einen fünften Giganten, den viele Menschen beschönigen oder gar nicht erst wahrnehmen: das ist für mich die spirituelle Seite, die Magie, die die Menschen an diesen Ort zieht“, sagt er und fährt fort „es ist so ein Gefühl, das sich schwer benennen oder erklären lässt – das ist der fünfte Gigant für mich“. Er hat recht – Mashatu verströmt Ruhe, scheint zeitlos. Ein Ort, an dem eine geplagte Seele Frieden finden kann, wo das Gedankenkarussell zur Ruhe kommt und einfach Dasein ganz leicht wird.
Nach seiner Laudatio auf diesen besonderen Ort sprechen wir über Baobabs. Diese Bäume gibt es schon lange, viele sind hunderte von Jahren alt. „Sie verströmen so viel Energie“ schwärmt Henry. Er schätzt die Tatsache, dass er sie in Mashatu auf seinen Wanderungen erleben kann, unter ihnen sein kann, dass er sich den Bäumen nähern und sie sogar anfassen kann: „sie spielen in meinem Leben eine große Rolle – wie sie das vermutlich im Leben vieler Menschen tun.“
Baobabs sind wichtige Ressourcen für viele
Damit bezieht er sich unter anderem auch auf die unterschiedlichen Nutzungsformen von Baobabs – beispielsweise die traditionelle Herstellung von Körben und Matten. Auch Armbänder werden aus den Fasern hergestellt. Im Jahr zuvor stieß er bei einer seiner Wanderungen au feinen Baobab, dem Elefanten arg zugesetzt hatten. Von den weit abstehenden Fasern nahm er einige mit und machte sich ein Armband davon, das er auch heute noch stolz am Arm trägt.
Noch wichtiger sei der Baobab aber als Lebensort für viele Geschöpfe, zum Beispiel für Baobab Segler, verschiedene weitere Segler und Schwalben sowie Büffelweber, die den Baum als Nistplatz und Unterschlupf nutzen. Leoparden deponieren gerne ihre Beute in den hohen Baobabs oder ruhen sich auf deren großen Ästen im Schatten aus. Auch Elefanten lieben Baobabs – sie brechen Stücke aus Stamm und Ästen, kauen darauf und gelangen so an Nährstoffe und Wasser.
Wir kommen auf seine Lieblingsgeschichte vom Baobab zu sprechen: eine Erklärung, warum die Bäume so aussehen wie sie aussehen – als würden sie auf dem Kopf stehen.
Die Hyäne hatte „den Kürzeren gezogen“, denn sie war als letzte an der Reihe, als Gott die Tiere erschuf. Unglücklicherweise waren für ihre Erschaffung nur noch Ersatzteile übrig – aus diesen setzte der Schöpfer sie zusammen. Deshalb sah sie etwas unvorteilhaft aus: sie hatte kurze Hinterbeine, lange Vorderbeine und einen ausgefallenen Schwanz – alles in allem nicht eine der schönsten Kreaturen auf dem Planeten. Über ihr unausgeglichenes Aussehen hat sich die Hyäne selbstredend geärgert.
Wieder ist die Hyäne schuld
Nachdem er mit der Erschaffung der Tierwelt fertig war, rief der Schöpfer alle Tiere zu sich. Er gab jedem Tier einen Samen, denn sie sollten ihn bei der Erschaffung der Pflanzenwelt unterstützen. Weil sie immer noch schmollte, kam die Hyäne zu spät und musste sich mit dem begnügen, was noch da war: der Same des Baobab. Die törichte Kreatur sann auf Rache und hat den kleinen Samen einfach verkehrt herum in die Erde gesteckt. „Das ist eine der Myhten, warum der Baobab wie ein ‚Upside down tree‘ aussieht, der seine Wurzeln in den Himmel reckt“ sagt Henry.
Er beendet seine Baobab Geschichte mit einer überzeugenden Feststellung: „Unter diesem Baum zu sitzen, an diesem besonderen Ort und in einer Landschaft wie dieser – Ich glaube nicht, dass es noch viel besser werden kann“.
* mittlerweile arbeitet Henry Parsons als Guide für eine Luxuslodge in Südafrika