..sagt Silvia Weninger über den Baum. In ihrer Zeit als Entwicklungshelferin in Simbabwe hat sie den Baobab nicht nur am Straßenrand gesehen. Im Projekt für das Hilfswerk Austria International spielte er eine wichtige Rolle als Einkommensgenerator und Ernährungssicherer – besonders für die ärmere Bevölkerung in ländlichen Gebieten.
Zufällig stoße ich bei meinen Recherchen über Baobabs auf eine Pressemitteilung des Hilfswerk Austria International, einer Organisation, die sich seit vielen Jahren in Simbabwe in der Not- und Entwicklungshilfe engagiert. Unter anderem unterstützt sie durch ein Projekt die Erforschung und Nutzung einheimischer Pflanzen. Natürlich ist auch der Baobab dabei. Er soll der lokalen Bevölkerung im ländlichen Raum zu neuen Einkommensquellen verhelfen und die Ernährung in Dürre- und Hungerzeiten sichern.
Schnell ist Silvia Weninger, die Verantwortliche für das Projekt in Simbabwe, ausfindig gemacht. Sie war nach dem Tsunami zunächst für sieben Jahre in Asien, um beim Wiederaufbau zu helfen. 2008 reiste sie zum ersten Mal für einen Kurzzeiteinsatz nach Simbabwe und hat dort ab 2010 insgesamt über sechs Jahre gearbeitet. In Harare hat sie ihren Mann kennengelernt und ist Mutter von zwei Töchtern. Nach fast 15 Jahren im Ausland kehrte sie vor einiger Zeit nach Österreich zurück.
Der Baobab hilft Menschen
Zum Baobab kam sie über ihre Arbeit im Projekt. Vorher kannte sie ihn nur “als Baum der irgendwo in der Landschaft steht” und seine Früchte, “aber nicht sein Marktpotenzial”. Gesehen hat sie ihren ersten Baobab 2008, in der Gegend um den Kariba See in Simbabwe. “‘Was für ein cooles Ding’ ging es mir damals durch den Kopf”, sagt sie und meint rückblickend “ich dachte nie, dass ich mit dem Baum einmal Menschen helfen würde. Was ja letztlich eine schöne Geschichte ist.”
Zum Projekt in Simbabwe kam es über eine Ausschreibung der Europäischen Union und der amerikanischen Organisation USAID. Indigene Spezies, also einheimische Pflanzenarten, sollten auf ihr wirtschaftliches Potenzial untersucht werden. Das Hilfswerk erhielt zusammen mit lokalen Partnern den Zuschlag für die Umsetzung und in einem nächsten Schritt die notwendigen finanziellen Mittel für das Projekt. Später kam die Förderung über die Food and Agriculture Organisation (FAO) der Vereinten Nationen dazu.
Am Ende der Projektphase waren 20 verschiedene einheimische Arten identifiziert. Der Baobab gehörte dazu. “Baobab war halt die Spezies die sehr schnell zu vermarkten ging – die Früchte lassen sich schnell sammeln und verarbeiten”, sagt sie dazu und fährt fort “Der Baum ist schon ein Wunderding – überhaupt in dieser Dürrezeit. Aber mir ist auch klar geworden, dass man ihn wirklich gut schützen muss, aufpassen, dass die Leute nicht zu viel sammeln”.
“Entwicklung” kann auch Gefahren bergen
Viel Erfahrung hat sie mittlerweile gesammelt bei der Nutzung von Wildpflanzen und -Obst für Märkte. Sie erzählt vom Neid unter Nutzern, die sich gegenseitig die wirtschaftliche Grundlage ruinierten, indem sie des Nachbarn Bäume fällten oder Ernten zerstörten. Erlebt hat sie das bei Strophanthus, einer Pflanze, die als Herzmedikament eingesetzt wird. Anfangs verdienten die Menschen viel mit der Pflanze. Es gab aber nur kleine Mengen – nicht alle profitierten, was letztlich zu Konflikten führte. Beim Baobab wäre das bislang noch nicht der Fall gewesen.
Neben seinem wirtschaftlichen Potenzial gerade für die ärmsten Teile der Bevölkerung begeistert sich die Entwicklungshelferin für die vielfältigen Erscheinungsformen des Baobabs und seine Größe: “er steht so mächtig, meist in einem Dürregebiet und strahlt Kraft aus – vor allem, wenn mehrere beisammen stehen.”
Den Baobab im Ganzen sehen
Beeindruckt hat sie auch die Fähigkeit der Bäume, enorme Mengen an Wasser zu speichern und dass sie gerade zu Dürrezeiten, wenn nichts anderes wächst, ihre gesunden Superfrüchte produzieren. “Ich denk oft ‘woher holt sich der Baobab seine Kraft?'”
Den Baobab machen aber nicht nur seine Früchte aus – für Weninger ist es das Baobab ‘Gesamtpaket’: “seine Geschichte, seine Exotik kann man super vermarkten. Das geht in Europa immer gut.” Auch die Unterstützung für arme Produzenten in Afrika sei für die Nutzer wichtig. Außerdem sei das Pulver “angenehm im Geschmack, gerade wenn man es anderen Speisen zufügt”, sagt sie.
Besonders stolz ist sie auf den Erfolg des Projekts: “Wir haben seit 2010 viel erreicht. Es ging bergauf. Wir konnten mit 20 Firmen und über 15.000 Wildsammlern und Kleinbauern arbeiten.” Obwohl es der Wirtschaft und dem Privatsektor insgesamt in Simbabwe derzeit nicht besonders gut geht. Bargeld ist knapp und die Menschen stehen wieder Schlange in den Geschäften.
Gute Ausgangssituation verhilft zum Erfolg
Zu den Projektpartnern in Simbabwe gehörten Organic Africa, B’Ayoba, KAITE und andere. Das Projekt konnte direkt loslegen, denn die Partner verfügten bereits über stabile Strukturen, hatten Marketingerfahrung und etablierte Kontakte auf den europäischen Markt.
Eine Baseline-Studie zu Beginn des Projekts ergab, dass das monatliche Haushaltseinkommen der Projektbegünstigten bei 30 US Dollar lag. Am Ende der Projektphase erzielten die Kleinbauern bereits 150 USD. Das mag aus europäischer Sicht gering erscheinen. Für die Menschen vor Ort macht es einen entscheidenden Unterschied.
Frauenpower durch Baobab
Aber nicht nur der finanzielle Zugewinn sei entscheidend. Es geht “nicht nur ums Einkommen sondern auch um die soziale Stärkung der Frauen”, so Weninger, denn sie machen über 80% der Projektbeteiligten aus.
Die Überschüsse aus dem Verkauf der Baobab Früchte investierten die Frauen in weitere, so genannte Income Generating Projects – zum Beispiel kauften sie Ziegen und Hühner, starteten kleinere Gartenprojekte oder investierten in Maschinen, um damit weiteres Einkommen zu schaffen.
Gerade in armen ländlichen Gebieten ist die Diversifizierung von Einkommensquellen überlebenswichtig – wenn eine Quelle ausfällt, greift man auf andere zurück. Wie schon oft höre ich, dass mit dem steigenden Einkommen Schulgeld für die Kinder bezahlt wird und sich der Gesundheitszustand der Menschen verbessert, weil sie sich Behandlungen leisten können.
Erfolgsgeschichte Baobab
Das Projekt stieß international auf großes Interesse, denn der Ansatz galt 2010 als innovativ. Für Silvia Weninger ist es ein Erfolgsprojekt, obwohl es im Bereich “Baobab” anfangs eher rudimentär zuging. Damals saßen die Frauen in den Dörfern vor ihren Hütten im Kreis auf Plastikplanen und knackten die harten Schalen der Früchte. Die Fruchtpulpe sammelten sie auf einem großen Haufen in der Mitte. Es gab noch keine verarbeitenden Fabriken oder Maschinen.
Heute sieht die Situation ganz anders aus. In den Sammelgebieten, die anfangs durch das Projekt begleitet wurden, stehen Fabriken, die exportfähige Mengen an Fruchtpulver gewinnen. Auch die hygienischen Vorschriften für die Pulververarbeitung können so besser eingehalten werden. Das ist wichtig für den Export. Eine weitere positive Entwicklung sind die Arbeitsplätze, die durch die Verarbeitung von Baboab Früchten auf dem Land entstanden sind.
Einen Wunsch für die Zukunft der Baobab Sammlerinnen hat sie aus Simbabwe mitgebracht: “der Teil der Wertschöpfung, der bei den Sammlerinnen bleibt, ist in Simbabwe momentan viel zu gering.” Vor allem, wenn man weiß, für welche Summen Baobab Pulver auf dem europäischen Markt zurzeit verkauft wird. “Es wäre schön, wenn bei den gegenwärtigen Gewinnspannen mehr Einkommen bei den Sammlerinnen bleiben könnte” sagt sie zum Abschluss unseres Gesprächs.
Mehr Informationen zu Projekten: Hilfswerk Austria International